Erneuerbare Energien im Kreis Herford

Erneuerbare Energien in Herford?

Zu diesem Thema traf sich das Anti-Atom-Bündnis Herford am 12.5.2011.
Nach den Castor-Protesten, den Mahnwachen, der Ökostrom-Kampagne und dem Tschernobyl-Gedenken ist es eine logische Sache, dass wir uns konkrete Gedanken über einer Umsetzung der Energiewende in Herford machen!

Denn hinter dem alle verbindenden Slogan: „Fukushima ist überall – abschalten jetzt!“ steht schlicht die Forderung nach einem Ende des nuklearen Zeitalters!

Das wirft die Frage nach den Alternativen auf. Und da fallen auch die fossilen Energieträger einfach raus. Nicht nur wegen ihrer überschaubaren Endlichkeit, sondern aus Gründen des Klimaschutzes.
Auf den Klimaschutz und auf die Energiewende verwies Herbert Even (Grüne Herford) zu Beginn. Seine Ausführungen über die kommunal politischen Handlungsspielräume und ökologischen Ansätze in Herford wurden mit großem Interesse von den Anwesenden aufgesogen. Gleichwohl gibt es in Herford neben dem Forcieren von Photovoltaik-Anlagen auch den vermehrten Einsatz von Blockheizkraftwerken (BHKW), die eher unter die Aufgabe der Energieeffizienz fallen. Dazu sind auch Energieminderungskonzepte für öffentliche Gebäude und Pläne, sowie zur E-Mobilität in Auftrag gegeben.

Zum Thema BHKW schrieb uns ein Attac-Mitglied: Die meisten Blockheizkraftwerke werden im Moment noch mit herkömmlichen Erdgas betrieben und das ist doch auch ein fossiler Brennstoff. Ausnahmen sind dann Blockheizkraftwerke, die mit Biogas oder aber vorbildlich mit Faulgas aus Kläranlagen betrieben werden. Solche BHKW gibt es in Bad Salzuflen und Lemgo! Unter dem Strich sind Blockheizkraftwerke, auch aufgrund ihres Wirkungsgrades, aber sicherlich die ehrliche „Brückentechnologie“ – keine Endlösung unserer Energiefragen.

Recht hat er! Wir dürfen jetzt nicht aus der Atomkraft aussteigen und gleich in den nächsten Klimakiller einsteigen!
Erneuerbare Energie gibt es überall, nur nutzen wir diese nicht. Wir sind derzeit am Anfang einer neuen Zeitrechnung, dem erneuerbaren Zeitalter, in dem die Menschen den Sinn und die Potentiale der Natürlichkeit der Natur entdecken.

Für die Nutzung der Wasserkraft an den Wehren von Werre und Aa liegen ausgefeilte Pläne vor, die sich reaktivieren lassen. In der Diskussion darüber gab es eine Interessenkollision zwischen der Nutzung zur Stromerzeugung und der Gewässerökologie. Ingo Ellermann hält aus fachlicher Sicht den Konflikt technisch lösbar.
Ein Vorschlag zur Bildung einer Genossenschaft für erneuerbare Energien wurde in den Raum gestellt. Einem PPP-Projekt, wie für die Stromerzeugung an der Werre vorgesehen, mit 51% Stadtwerke und 49% Beteiligung eines fremden Investors, steht man eher kritisch gegenüber.

Spannend wird die Diskussion und Entscheidung, wer bei den auslaufenden Konzessionsverträgen um die Stromnetze das Rennen machen wird. Damit kann man Geld verdienen! Das weiß E.on, das wissen aber auch Kommunalpolitiker und die Stadtwerke. Eine Re-Kommunalisierung erscheint im Bereich des Möglichen. Dies ist auch eine der zentralen Forderungen von ATTAC, weg von der Teilprivatisierung von Allgemeingut und hin zur Re-Kommunalisierung. Die Energieversorgung ist eine zentrale Infrastruktur und muss neutral und objektiv betrieben werden. Sie kann kein Goldesel für Konzerne sein, bei dem die Bürger der Verlierer sind.

Nach den nicht mehr zu übersehenen negativen Folgen eines neo-liberalen Entwicklungspfades der Standortkonkurrenz, der Privatisierung öffentlichen Eigentums, der Inwertsetzung aller kommunalen Güter und Dienstleistungen könnte die postnukleare und postfossile Zeitenwende auch neue Chance bringen für regionale Energieerzeugung und damit in kommunaler oder Bürgerhand befindliche Produktionsmittel und Planungsprozesse.
Versorgungsnähe und Versorgungssicherheit, sowie die Tarifgestaltungen könnten wieder als öffentliche Daseinsvorsorge organisiert, dem Profitsystem anonymer Investoren entzogen werden.

Wie die Handlungsspielräume für Alternativen vor Ort von rechtlichen Vorgaben und Förderstrukturen und Richtlinien auf Landes-, Bundes- und EU-Ebenen bestimmt werden, davon kann jede Bürgerbewegung ein Lied singen.

Dennoch gibt es sie, die Vorreiter für alternative Energien im Kreis Herford.
Ingo Ellermann berichtete von dem mühsamen, aber lohnenden Weg zu einem Bürgerwindrad in Exter-Hollenhagen. Fünf Jahre Vorlaufzeit brauchte es, bis die 1,5 Megawatt-Anlage ans Netz gehen konnte. Sie produziert Strom satt für 650 Haushalte. Neuere Anlagen arbeiten noch effizienter. Es erfolgt eine Vergütung an die Gesellschafter und Mitsprache über alle Belange nach Anteilen.

Zwei Beispiele im Bereich Solarenergie gab es aus Hiddenhausen und Vlotho. Die Dächer wurden von den jeweiligen Kommunen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Interessierte Bürger tätigten finanzielle Anteile zum Bau und Betrieb von Photovoltaik-Anlagen. Frau Althoff, von der Hiddenhausener Bürgersolaranlage, berichtete anschaulich, wie in der dörflichen Struktur des ländlichen Raumes diese Anlage tatsächlich als Bürgeranlage eingeweiht wurde und betrachtet wird. Anteile kosten 500 Euro, sie sind nicht übertragbar oder verkäuflich.

Ein Vorteil wurde darin gesehen, dass auch Leute ohne Hauseigentum und mit geringen Ansparmöglichkeiten sich an der Bürgeranlage beteiligen können. Die Ausschüttungen über die Netzeinspeisung ist zwar zurückgefahren worden, dennoch betonen die Initiatoren aus Vlotho und Hiddenhausen, dass es natürlich eine Rentierlichkeit geben müsse, aber in der jetzigen Phase gehe es vor allem darum, den alternativen Energien vor Ort den Weg zu ebnen und damit einen Beitrag zu leisten weg von Atom, Kohle und Öl.
Das Absenken der Einspeisevergütung ist politisch als eine Förderrücknahme für Bürgeranlagen zugunsten der Förderung der Großprojekte zu werten.

Damit war die Diskussion wieder am Ausgangspunkt angelangt. Es geht um den Ausstieg aus der Kernenergie mit den begrenzten Möglichkeiten vor Ort. Je mehr Bürger sich aber die Kompetenz und die Energietechnologien selbst aneignen und nutzen, desto mehr wird auch die Politik eine Energiediskussion mit zeitnahen Ausstiegsszenarien führen müssen, in die Kommunen und Bürger mit einzubeziehen sind.

Hier gibt es viele offene Fragen, z.B. nach der Rolle der Energiekonzerne, nach zentralen und dezentralen Strukturen, nach dem Energie-Mix und nach der sozialen Frage, ob Strom als öffentliche Daseinsvorsorge bei Stadtwerken und Energie-Genossenschaften wie am Beispiel der EWS Schönau organisiert wird oder dem Profitsystem eines neoliberalen Marktes übereignet wird, der seine eigenen Gesetze hat, die weder sozial noch ökologisch sind.


Die Diskussion wird auf der nächsten Sitzung des Anti-Atom-Bündnisses am Donnerstag, den 9. Juni fortgesetzt. 19.30 Uhr – Böckmanns Laden, Herford, Oettinghauser Weg 6. Alle interessierte Bürger und Gruppen sind herzlich eingeladen, konstruktiv und zielgerichtet mit zu diskutieren!

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